#EngagiertImQuartier | Engagierte Kämpferin gegen die Ungerechtigkeit

Christine Worch ist eine Macherin. Eine Frau, die Unzulänglichkeiten benennt, die aber nicht nur redet, sondern die Dinge anpackt. Eine Frau, die Visionen hat und diese wahr werden lässt. Mit Herz, Verstand und einer guten Portion Durchsetzungsvermögen.

Ohne Frauen wie Christine Worch wäre unsere Gesellschaft um einiges ärmer. Sie engagiert sich für Menschen, die sich aus den verschiedensten Gründen selbst nicht helfen können. Soziale Themen haben sie schon immer bewegt. Vor allem die Armut alter Menschen treibt die Initiatorin und Projektgründerin von KULTURISTENHOCHschon lange um. „Ich kann Ungerechtigkeit schwer aushalten“, sagt die Wahlhamburgerin mit Blick auf die Tatsache, dass viele Senior*innen nur eine ganz kleine Rente beziehen, obwohl sie ihr ganzes Leben lang gearbeitet haben.

Persönliches Engagement für soziale Projekte

Deshalb wechselte sie vor Jahren aus Marketing & Vertrieb im Profit-Sektor zur Beraterin für Organisationen im sozialen Umfeld, und beschäftigte sich seitdem beruflich mit den Themen Soziales, Alter und Demenz. Bevor Christine Worch ihre eigene Initiative ins Leben rief, arbeitete sie als Fundraiserin für KulturLeben Hamburg e.V. Der Verein vermittelt seit 2011 gespendete Tickets an Menschen, die nur über ein kleines Einkommen verfügen, und sich den Besuch in Theater, Konzert oder Kabarett sonst nicht leisten können. Die Arbeit für den Verein schärfte ihren Blick für die Lebensverhältnisse, mit denen vor allem Senior*innen im Alter konfrontiert sind.

„Immer wieder sagten mir gerade die Älteren, dass sie Lust auf einen Kulturabend hätten, aber nicht wüssten, mit wem sie dies teilen könnten. Das fand ich sehr schade.“ Denn anders als bei den Jüngeren, bedeutet Armut für Ältere zusätzlich Alleinsein und Einsamkeit.

„Diese Menschen können sich nichts, aber auch rein gar nichts leisten. Ich konnte einfach nicht akzeptieren, dass in unserem reichen Hamburg Menschen, die unser Land nach dem Krieg wiederaufgebaut haben, abgehängt von einem guten Leben sind. Ich hatte den großen Wunsch, daran etwas zu ändern.“

Der Kampf gegen die Einsamkeit

Christine Worch wollte ihnen neue Wege aufzeigen, neue Gelegenheiten bieten in Kontakt zu kommen: Denn Teilhabe an der Gesellschaft bedeutet Kommunikation, Austausch mit anderen und somit ein Stück wiedergewonnene Lebensqualität. Zwei Jahre lang recherchierte sie und sprach mit vielen Organisationen, Schulen und Betroffenen. Daraus entwickelte sie das Konzept der KULTURISTENHOCH2, ein Angebot, speziell für Senior*innen mit kleiner Rente:

„Über erlebte Kultur bauen wir Brücken zwischen Jung und Alt.“

Ältere Menschen mit kleiner Rente, aber auch solche, die bewegungseingeschränkt sind, eröffnet sie einen Weg aus der Einsamkeit, schenkt ihnen einen Kulturabend und eröffnet ihnen die Chance, neue Menschen kennen zu lernen. Allerdings nicht Altersgenossen, sondern junge Leute, die mitten im Leben stehen.

Die Kombi Alt und Jung kommt an

Im Juli 2015 sprach Christine Worch bei einer Theateraufführung im Gymnasium Rahlstedt den Schuldirektor an und stellte ihm ihre Idee von den KULTURISTENHOCHvor: „Er kam in der Pause auf mich zu und sagte: Frau Worch, das ist gut! Das machen wir!“

18 Oberstufenschüler*innen meldeten sich für die ehrenamtliche Begleitung. Auch am Gymnasium Grootmoor und der Stadtteilschule Eidelstedt stieß ihr Projekt auf große Zustimmung und so konnte Christine Worch das Pilotjahr 2016 mit 54 Oberstufenschüler*innen starten. Ihnen gegenüber gab es anfangs 38 Senior*innen, die sich über die jungen Menschen an ihrer Seite freuten.

Heute engagieren sich Jugendliche aus zehn Schulen in allen sieben Hamburger Bezirken bei KULTURISTENHOCH2, fast 200 Senior*innen aus 30 Stadtteilen können inzwischen regelmäßig daran teilnehmen.

Doch bevor das erste Generationentandem auf die Reise gehen konnte, war es der Gründerin wichtig, dass die Schüler*innen gut auf ihr Ehrenamt vorbereitet wurden. Gemeinsam mit der Projektmanagerin Schule und einer gerontologischen Fachkraft entwickelte sie das Konzept für ein Training, das didaktisch auf die jungen Leute abgestimmt ist. Vor allem Empathie und Verständnis für die Lebenslage der Älteren will sie vermitteln. Das Training für die Oberstufenschüler*innen ist inzwischen eins der Highlights für die Jugendlichen, denen vor allem das praktische Üben mit dem Alterssimulationsanzug viele erhellende Momente beschert.

Katharina Fegebank wird die erste Schirmherrin

Der Startschuss für KULTURISTENHOCHfiel am 5. Juli 2016 mit der Theaterproduktion „Bette Davis“ am Ernst-Deutsch-Theater. Im Vorfeld hatteChristine Worch bereits 2015 eine prominente Schirmherrin für ihr Projekt begeistert: Hamburgs Zweite Bürgermeisterin und Senatorin für Wissenschaft, Forschung und Gleichstellung, Katharina Fegebank, erklärte sich bereit, die Initiative zu begleiten und zu fördern. Ihr folgten Dr. Melanie Leonhard, Senatorin für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. Sie gab den Staffelstab weiter an Hamburgs Ersten Bürgermeister Dr. Peter Tschentscher, der heute das Projekt gern unterstützt und fördert.

Die Idee vom kulturellen Brückenschlag zwischen den Generationen schlug voll ein: „In den ersten vier Monaten konnten wir 50 Tandems ins Hamburger Kulturleben schicken“, erinnert sich die Projektgründerin.

„Das Feedback war unglaublich. Wir haben so viel Dankbarkeit erlebt und viele gute Tipps von Alt und Jung bekommen, wie es noch besser funktionieren könnte. Das hat uns ermutigt, weiter zu machen.“

Eine Win-win-Situation für alle Beteiligten

Christine Worch geht es um mehr, als nur darum, armen Senior*innen einen schönen Kulturabend zu schenken:

„Zum einen richtet sich mein Engagement an alte Menschen, die wenig Geld haben, mit Schicksalsschlägen fertig werden mussten und es nicht mehr schaffen, aus dieser Situation zu kommen. Ihnen ein gemeinsames Erlebnis mit einem jungen Menschen zu ermöglichen, dies zu erfahren und sich daran zu erfreuen – das ist das eine. Zum anderen erleben Jugendliche an so einem Abend hautnah, wie es sich anfühlt, wenn man der Ungerechtigkeit unseres Rentensystems ausgeliefert ist und wie wichtig die Teilhabe für die Älteren ist.“

Möchten Sie frühes, ehrenamtliches Engagement in ihrem Stadtteil unterstützen und Schulpate von KULTURISTENHOCH2 werden? 

Dann melden Sie sich gerne bei Christine Worch, Gründerin und Geschäftsführerin, unter 0179 4530 518. Gerne können wir gemeinsam über Möglichkeiten der Zusammenarbeit sprechen.


Text: Susanne Rahlf

Fotos: Jennifer Lim | KULTURISTENHOCH2